Lieber Leser, liebe Leserin, liebes fliegendes Einhorn.
Beim Verfolgen dieses virtuellen Tagebuches mag dir aufgefallen sein, dass es
nicht allzu regelmäßig geführt wird. Wir bitten hierfür um Verständnis. Und wir
haben eine Erklärung: Wir sind in ROM!
Also wirklich, es passiert so viel, jeden Tag gibt es
etwas Neues, sodass wir gar nicht mehr zum Schreiben kommen! Und außerdem
assimilieren wir uns an unseren neuen Lebensraum und nehmen das mit der
Pünktlichkeit nicht so genau… Aber jetzt will ich doch versuchen, euch einen
kleinen Überblick zu geben, ist ja schon ein paar Wochen her seit dem letzten.
Es gibt Dinge in Rom, die sind super und bei denen lohnt
es sich, sie immer wieder zu erleben. Unsere Barbecues im Garten, zum Beispiel.
Wir sind seit vier Wochen hier und es ist noch keine Woche vergangen, in der
wir nicht zum Grillen eingeladen worden sind – und es war jedes Mal köstlich
(bisschen knusprig gebraten, vielleicht, aber lecker) und vor allem lehrreich.
Ein Abend Barbecue hilft mehr beim Italienisch-Lernen als eine ganze Woche
Sprachkurs! Dabei will ich gar nichts gegen den Sprachkurs sagen, wir haben
nette Menschen dort kennen gelernt und eine schöne Zeit gehabt – wenn auch
keine allzu lehrreiche, wirklich was Neues haben wir nicht gelernt. Aber so
haben wir beide locker die Prüfung bestanden und die ersten drei Credit Points
eingestrichen =)
Generell lernt man viele Menschen kennen, im Sprachkurs,
auf Erasmus-Partys – und Menschen, die man seit Ewigkeiten hatte treffen
wollen, in Deutschland aber nicht dazu kam und deswegen besser mal dafür nach Rom
fliegt – liegt ja nahe, oder? So habe ich also endlich Daniela getroffen und
ein wenig mit ihr die Stadt unsicher gemacht. Der Höhepunkt dieses Treffens war
aber mit Sicherheit der Ausflug nach Ostia an den Strand. Die Römer selbst
mögen der Ansicht sein, dass Ostia kein besonders schöner Strand ist, aber als
jemand, der so gut wie keine Strände kennt war Ostia schon super. Unglaublich
weicher Sand, klares Wasser, strahlender Sonnenschein – da möchte man einfach
nur hereinspringen! Den Sand finde ich übrigens immer noch in meiner
Handtasche, aber das ist okay. Danke für die Einladung zum Strand und die
tollen Tage, Daniela!
Weitere interessante Menschen, die wir treffen durften,
waren Luke und Markus. Luke ist ein Freund unserer australischen Mitbewohnerin
Annie, der ein paar Tage Urlaub in Rom gemacht hat und einen dieser Tage
dankenswerterweise mit uns verbracht hat. Ein bisschen sight-seeing und
anschließend hat er uns noch bekocht – wunderbar! Markus dagegen kannten wir
schon aus Deutschland, er macht grade ein Praktikum hier und wo wir schon beide
hier wohnen, muss man sich natürlich auch treffen und sich den nächtlichen
Campo de‘ Fiori zeigen lassen. Absolut empfehlenswert. Das allerdings ist
etwas, was immer lohnt: Rom bei Nacht. Klar, tagsüber ist Rom schön, es ist
beeindruckend und so weiter… aber nachts… nachts ist Rom magisch! Die Lichter,
die Atmosphäre,… wer’s erlebt hat, weiß, was ich meine, wer es noch nicht erlebt
hat, weiß jetzt, was er zu tun hat ;)
Um unser Italienisch zusätzlich zu verbessern haben Nina
und ich uns zudem beide für das Tandem-Programm beworben (für die, die nicht
wissen, was das ist: Man trifft sich mit einem italienischen Muttersprachler,
der Deutsch lernen möchte und hilft sich gegenseitig beim erlernen der
jeweiligen Fremdsprache) und auf diese Weise habe ich Serena kennen gelernt,
eine 21jährige Jura-Studentin, die bereits ziemlich gut Deutsch spricht. Sie
hilft mir allerdings nicht nur mit meinem Italienisch, dadurch, dass sie eine
gebürtige Römerin ist, kennt sie sich wirklich gut aus und zeigt mir sehr
interessante Orte, die Touristen nicht entdecken. Jackpot!
Eine tolle Gelegenheit, Rom kennenzulernen, ist auch
Erasmus. Klar, man soll sich mit Römern treffen, nicht zu viel mit den
Erasmus-Leuten rumhängen, aber dann und wann gibt es da echt coole Sachen. Geführte
Touren durch Rom, oder das Cineforum, zum Beispiel, wo italienische Filme
gezeigt werden – das ist immerhin auch lehrreich und hinterher gab’s gratis-Futter,
das ist als Student nun wirklich nicht zu verachten, Rom ist nicht billig – wir
wissen, warum wir eine halbstündige Busfahrt zum nächsten Lidl auf uns nehmen
und ich gebe euch einen kleinen Tipp: Mit Heimweh hat das weniger zu tun ;)
Obwohl es schon cool ist, dass man in Rom Linsensuppe mit Würstchen aus der
Dose kaufen kann – original deutsche Aufschrift inklusive.
Ebenfalls von Erasmus organisiert war das Euro-Dinner.
Eine feine Sache, jeder brachte eine kulinarische Spezialität aus seiner Heimat
mit und dann gab es damit ein großes Buffet. Ich selbst habe aus Zeitmangel
nichts machen können, Nina aber hat Reibekuchen (Kartoffelpuffer,
Reibeplätzchen, sucht euch den Namen aus, der euch am besten gefällt) gemacht,
mit Apfelmus, logisch. Der Rest des deutschen Beitrags bestand aus
Milka-Schokolade und Bier, ebenfalls logisch. Am Ende konnte man dann auch
Preise gewinnen und Nina gewann den Preis für die Raffinatezza! Ihr Preis: Eine
Fahrt zum Weinfest in Marino. Wer Nina kennt weiß nun, warum ich den ganzen
Abend nicht mehr aufhören konnte zu lachen (kleiner Tipp an den Rest: Nina trinkt
nicht. Mit nicht meine ich wirklich nie!). Sie hat das Ticket dann an Tim, den
Australier aus dem Appartement über uns, weitergereicht.
Leider gibt es auch Dinge in Rom, die weniger schön sind.
Also, zum einen, klar, das Chaos. Das wissen die Römer auch, hier kann man
Stunden auf einen Bus warten, ewig nach jemandem suchen, der Englisch spricht
und für Äonen am Zebrastreifen stehen und trotzdem hält kein Auto an, damit man
die Straße überqueren kann. Aber daneben gibt es auch richtig miese Dinge.
Mücken, zum Beispiel. Die Viecher kommen ziemlich sicher aus der Hölle, diese
Theorie stammt von Nina und ich kann nur zustimmen. Die stechen durch alles und
sind immun gegen Autan und alles Ähnliche. Und immer durstig! Wir haben so
viele Mückenstiche! Besonders fies war es, als ich die Mückenstiche an meinen
Füßen hatte, die sich dann beim Laufen entzündet haben, sodass ich erst einmal
drei Stunden in der Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses zugebracht habe (da
spricht übrigens auch keiner Englisch – wieso auch?) aber jetzt geht es mir
wieder gut.
Ebenfalls weniger erfreulich ist die Unfähigkeit der
Römer, irgendetwas zu organisieren. Das geht wirklich gar nicht. Wir erinnern
uns beide daran, wie oft und viel wir uns über das Bonner System BASIS
beschwert haben, mit dem wir uns zu Vorlesungen und Prüfungen anmelden mussten.
Ich hätte gerne so etwas wie BASIS hier, BASIS ist toll, ich werde mich nie
wieder darüber beschweren! In Rom sucht man lange und oft vergebens nach
Vorlesungsplänen. Außerdem gibt es nicht so etwas wie einen einheitlichen Start
des Semesters. Es fängt einfach jeder Professor dann an, wann er möchte. Das
kann heißen am ersten Oktober, es kann aber auch bedeuteten, dass man erst ab
Mitte November erscheinen muss. Absprachen existieren dabei unter den
Professoren auch nicht, sodass es schwer ist, einen Stundenplan zu erstellen,
bei dem sich nicht alles überschneidet. Wir denken aber jetzt, dass wir etwas
herausgearbeitet haben, mit dem man arbeiten kann und warten nun auf das okay
der Universitäten Bonn und Rom.
Schlimmer getroffen hat es dagegen eine sehr nette Kommilitonin
von uns, Naomi aus England. Die Absprachen zwischen ihrer Universität in
England und der Uni hier in Rom waren so schlecht, das am Ende herauskam, dass
ihr nichts von dem, was sie hier studiert hätte, in England anerkannt werden
würde, sodass sie wieder zurück musste – definitiv eines der Dinge, die am
miesesten sind! Annie hat es ebenfalls nicht leicht mit ihrem Stundenplan und
wir drücken ihr die Daumen, dass alles gut geht!
Betrachten wir aber lieber die positiven Aspekte in Rom. Immerhin
sind wir hier, wir brauchen mit der Metro eine Viertelstunde und stehen vor dem
Kolosseum! Man kann sich daran gewöhnen, dass die Kassiererin im Supermarkt
Italienisch mit dir spricht. Man kann sich daran gewöhnen, dass man auf den
Absender „Rom“ schreibt. Man kann sich daran gewöhnen, dass die Busse nicht
kommen. Man kann sich daran gewöhnen, dass wir im Oktober 30°C haben. Aber man
kann sich einfach und unter gar keinen Umständen daran gewöhnen, dass man in 15
Minuten am Kolosseum stehen kann! Ehrlich, das haut einen um und das sind die
Momente, in denen uns bewusst wird, wie gut es uns geht. Eine weiteren dieser
Momente hatten wir heute wieder, wir haben Salate zubereitet, Plätzchen
gebacken und sind damit zu unserer Mitbewohnerin Kathi gefahren, als diese
Mittagspause hatte. In der Nähe ihres Bureaus gibt es einen sehr schönen Park,
indem wir bei phantastischem Wetter gepicknickt haben – perfekter Tag!
Ihr seht also, es gibt tausend Gründe, warum ihr uns
besuchen müsst – und das ist kein Thema, denn freilich seid ihr uns jederzeit
willkommen, wir haben das mit unserem Vermieter abgeklärt, zwei bis drei
Personen bekommen wir locker mit Matratzen auf dem Boden einquartiert, für
circa vier Nächte erlaubt uns unser Vermieter das. Ihr müsstet also nur
rechtzeitig Bescheid sagen. Unsere Mitbewohner sind – wie bereits mehrfach
erwähnt – superlieb und freuen sich darauf, euch kennen zu lernen – und wir
freuen uns auf ein Wiedersehen. In diesem Sinne liebste Grüße an Nathalie und
Nicola, die Anfang November vorbeischauen und unsere Familien, die in Kürze
hier eintreffen werden =)
Also, bis bald in Rom, ihr Lieben!