Freitag, 5. Oktober 2012

Chi Roma non vede, nulla crede



Lieber Leser, liebe Leserin, liebes fliegendes Einhorn. Beim Verfolgen dieses virtuellen Tagebuches mag dir aufgefallen sein, dass es nicht allzu regelmäßig geführt wird. Wir bitten hierfür um Verständnis. Und wir haben eine Erklärung: Wir sind in ROM!
Also wirklich, es passiert so viel, jeden Tag gibt es etwas Neues, sodass wir gar nicht mehr zum Schreiben kommen! Und außerdem assimilieren wir uns an unseren neuen Lebensraum und nehmen das mit der Pünktlichkeit nicht so genau… Aber jetzt will ich doch versuchen, euch einen kleinen Überblick zu geben, ist ja schon ein paar Wochen her seit dem letzten.
Es gibt Dinge in Rom, die sind super und bei denen lohnt es sich, sie immer wieder zu erleben. Unsere Barbecues im Garten, zum Beispiel. Wir sind seit vier Wochen hier und es ist noch keine Woche vergangen, in der wir nicht zum Grillen eingeladen worden sind – und es war jedes Mal köstlich (bisschen knusprig gebraten, vielleicht, aber lecker) und vor allem lehrreich. Ein Abend Barbecue hilft mehr beim Italienisch-Lernen als eine ganze Woche Sprachkurs! Dabei will ich gar nichts gegen den Sprachkurs sagen, wir haben nette Menschen dort kennen gelernt und eine schöne Zeit gehabt – wenn auch keine allzu lehrreiche, wirklich was Neues haben wir nicht gelernt. Aber so haben wir beide locker die Prüfung bestanden und die ersten drei Credit Points eingestrichen =)
Generell lernt man viele Menschen kennen, im Sprachkurs, auf Erasmus-Partys – und Menschen, die man seit Ewigkeiten hatte treffen wollen, in Deutschland aber nicht dazu kam und deswegen besser mal dafür nach Rom fliegt – liegt ja nahe, oder? So habe ich also endlich Daniela getroffen und ein wenig mit ihr die Stadt unsicher gemacht. Der Höhepunkt dieses Treffens war aber mit Sicherheit der Ausflug nach Ostia an den Strand. Die Römer selbst mögen der Ansicht sein, dass Ostia kein besonders schöner Strand ist, aber als jemand, der so gut wie keine Strände kennt war Ostia schon super. Unglaublich weicher Sand, klares Wasser, strahlender Sonnenschein – da möchte man einfach nur hereinspringen! Den Sand finde ich übrigens immer noch in meiner Handtasche, aber das ist okay. Danke für die Einladung zum Strand und die tollen Tage, Daniela!
Weitere interessante Menschen, die wir treffen durften, waren Luke und Markus. Luke ist ein Freund unserer australischen Mitbewohnerin Annie, der ein paar Tage Urlaub in Rom gemacht hat und einen dieser Tage dankenswerterweise mit uns verbracht hat. Ein bisschen sight-seeing und anschließend hat er uns noch bekocht – wunderbar! Markus dagegen kannten wir schon aus Deutschland, er macht grade ein Praktikum hier und wo wir schon beide hier wohnen, muss man sich natürlich auch treffen und sich den nächtlichen Campo de‘ Fiori zeigen lassen. Absolut empfehlenswert. Das allerdings ist etwas, was immer lohnt: Rom bei Nacht. Klar, tagsüber ist Rom schön, es ist beeindruckend und so weiter… aber nachts… nachts ist Rom magisch! Die Lichter, die Atmosphäre,… wer’s erlebt hat, weiß, was ich meine, wer es noch nicht erlebt hat, weiß jetzt, was er zu tun hat ;)
Um unser Italienisch zusätzlich zu verbessern haben Nina und ich uns zudem beide für das Tandem-Programm beworben (für die, die nicht wissen, was das ist: Man trifft sich mit einem italienischen Muttersprachler, der Deutsch lernen möchte und hilft sich gegenseitig beim erlernen der jeweiligen Fremdsprache) und auf diese Weise habe ich Serena kennen gelernt, eine 21jährige Jura-Studentin, die bereits ziemlich gut Deutsch spricht. Sie hilft mir allerdings nicht nur mit meinem Italienisch, dadurch, dass sie eine gebürtige Römerin ist, kennt sie sich wirklich gut aus und zeigt mir sehr interessante Orte, die Touristen nicht entdecken. Jackpot!
Eine tolle Gelegenheit, Rom kennenzulernen, ist auch Erasmus. Klar, man soll sich mit Römern treffen, nicht zu viel mit den Erasmus-Leuten rumhängen, aber dann und wann gibt es da echt coole Sachen. Geführte Touren durch Rom, oder das Cineforum, zum Beispiel, wo italienische Filme gezeigt werden – das ist immerhin auch lehrreich und hinterher gab’s gratis-Futter, das ist als Student nun wirklich nicht zu verachten, Rom ist nicht billig – wir wissen, warum wir eine halbstündige Busfahrt zum nächsten Lidl auf uns nehmen und ich gebe euch einen kleinen Tipp: Mit Heimweh hat das weniger zu tun ;) Obwohl es schon cool ist, dass man in Rom Linsensuppe mit Würstchen aus der Dose kaufen kann – original deutsche Aufschrift inklusive.
Ebenfalls von Erasmus organisiert war das Euro-Dinner. Eine feine Sache, jeder brachte eine kulinarische Spezialität aus seiner Heimat mit und dann gab es damit ein großes Buffet. Ich selbst habe aus Zeitmangel nichts machen können, Nina aber hat Reibekuchen (Kartoffelpuffer, Reibeplätzchen, sucht euch den Namen aus, der euch am besten gefällt) gemacht, mit Apfelmus, logisch. Der Rest des deutschen Beitrags bestand aus Milka-Schokolade und Bier, ebenfalls logisch. Am Ende konnte man dann auch Preise gewinnen und Nina gewann den Preis für die Raffinatezza! Ihr Preis: Eine Fahrt zum Weinfest in Marino. Wer Nina kennt weiß nun, warum ich den ganzen Abend nicht mehr aufhören konnte zu lachen (kleiner Tipp an den Rest: Nina trinkt nicht. Mit nicht meine ich wirklich nie!). Sie hat das Ticket dann an Tim, den Australier aus dem Appartement über uns, weitergereicht.
Leider gibt es auch Dinge in Rom, die weniger schön sind. Also, zum einen, klar, das Chaos. Das wissen die Römer auch, hier kann man Stunden auf einen Bus warten, ewig nach jemandem suchen, der Englisch spricht und für Äonen am Zebrastreifen stehen und trotzdem hält kein Auto an, damit man die Straße überqueren kann. Aber daneben gibt es auch richtig miese Dinge. Mücken, zum Beispiel. Die Viecher kommen ziemlich sicher aus der Hölle, diese Theorie stammt von Nina und ich kann nur zustimmen. Die stechen durch alles und sind immun gegen Autan und alles Ähnliche. Und immer durstig! Wir haben so viele Mückenstiche! Besonders fies war es, als ich die Mückenstiche an meinen Füßen hatte, die sich dann beim Laufen entzündet haben, sodass ich erst einmal drei Stunden in der Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses zugebracht habe (da spricht übrigens auch keiner Englisch – wieso auch?) aber jetzt geht es mir wieder gut.
Ebenfalls weniger erfreulich ist die Unfähigkeit der Römer, irgendetwas zu organisieren. Das geht wirklich gar nicht. Wir erinnern uns beide daran, wie oft und viel wir uns über das Bonner System BASIS beschwert haben, mit dem wir uns zu Vorlesungen und Prüfungen anmelden mussten. Ich hätte gerne so etwas wie BASIS hier, BASIS ist toll, ich werde mich nie wieder darüber beschweren! In Rom sucht man lange und oft vergebens nach Vorlesungsplänen. Außerdem gibt es nicht so etwas wie einen einheitlichen Start des Semesters. Es fängt einfach jeder Professor dann an, wann er möchte. Das kann heißen am ersten Oktober, es kann aber auch bedeuteten, dass man erst ab Mitte November erscheinen muss. Absprachen existieren dabei unter den Professoren auch nicht, sodass es schwer ist, einen Stundenplan zu erstellen, bei dem sich nicht alles überschneidet. Wir denken aber jetzt, dass wir etwas herausgearbeitet haben, mit dem man arbeiten kann und warten nun auf das okay der Universitäten Bonn und Rom.
Schlimmer getroffen hat es dagegen eine sehr nette Kommilitonin von uns, Naomi aus England. Die Absprachen zwischen ihrer Universität in England und der Uni hier in Rom waren so schlecht, das am Ende herauskam, dass ihr nichts von dem, was sie hier studiert hätte, in England anerkannt werden würde, sodass sie wieder zurück musste – definitiv eines der Dinge, die am miesesten sind! Annie hat es ebenfalls nicht leicht mit ihrem Stundenplan und wir drücken ihr die Daumen, dass alles gut geht!
Betrachten wir aber lieber die positiven Aspekte in Rom. Immerhin sind wir hier, wir brauchen mit der Metro eine Viertelstunde und stehen vor dem Kolosseum! Man kann sich daran gewöhnen, dass die Kassiererin im Supermarkt Italienisch mit dir spricht. Man kann sich daran gewöhnen, dass man auf den Absender „Rom“ schreibt. Man kann sich daran gewöhnen, dass die Busse nicht kommen. Man kann sich daran gewöhnen, dass wir im Oktober 30°C haben. Aber man kann sich einfach und unter gar keinen Umständen daran gewöhnen, dass man in 15 Minuten am Kolosseum stehen kann! Ehrlich, das haut einen um und das sind die Momente, in denen uns bewusst wird, wie gut es uns geht. Eine weiteren dieser Momente hatten wir heute wieder, wir haben Salate zubereitet, Plätzchen gebacken und sind damit zu unserer Mitbewohnerin Kathi gefahren, als diese Mittagspause hatte. In der Nähe ihres Bureaus gibt es einen sehr schönen Park, indem wir bei phantastischem Wetter gepicknickt haben – perfekter Tag!
Ihr seht also, es gibt tausend Gründe, warum ihr uns besuchen müsst – und das ist kein Thema, denn freilich seid ihr uns jederzeit willkommen, wir haben das mit unserem Vermieter abgeklärt, zwei bis drei Personen bekommen wir locker mit Matratzen auf dem Boden einquartiert, für circa vier Nächte erlaubt uns unser Vermieter das. Ihr müsstet also nur rechtzeitig Bescheid sagen. Unsere Mitbewohner sind – wie bereits mehrfach erwähnt – superlieb und freuen sich darauf, euch kennen zu lernen – und wir freuen uns auf ein Wiedersehen. In diesem Sinne liebste Grüße an Nathalie und Nicola, die Anfang November vorbeischauen und unsere Familien, die in Kürze hier eintreffen werden =)
Also, bis bald in Rom, ihr Lieben!