Dass Rom genug zu bieten hat um nicht nur sechs Monate,
sondern durchaus auch sechs Jahre locker zu füllen, steht außer Frage. Da wir
die aber nicht haben, müssen wir mit der Zeit, die uns bleibt, haushalten so
gut es geht. Und dazu gehört, auch den Rest des Landes nicht zu vergessen, das
wir zurzeit Zuhause nennen. Da kommt uns natürlich nur zu Gute, dass die lieben
Menschen von ESN sich in den italienischen Gefilden etwas besser auskennen als
wir armen orientierungslosen Erasmus-Studenten, und alle paar Wochen Trips in
alle Ecken von Italien anbieten. Einer davon war Ende November ein Ausflug
übers Wochenende in die Toskana. Auf dem Plan standen Siena, Florenz und Pisa und
den Bus voller aufgeregter Klassenfahrtstimmung ging’s Freitagmorgen um neune
von unserer Stadteigenen Pyramide aus los. Nächster Halt: Toskana! Oder sagen
wir besser, italienische neune...
8:55 Die beiden Deutschen (a.k.a. wir) stehen brav und
überpünktlich mit gepackten Köfferchen am Treffpunkt und wundern sich, warum
keiner da ist.
9:02 Immer noch keiner da. Langsam werden wir nervös. Handys
werden im 3-Sekunden-Takt gecheckt.
9:11 So langsam trudeln dann auch ein paar Leute ein,
immerhin sind wir nicht mehr alleine. Wir hatten schon gedacht, wir hätten uns
im Tag vertan.
9:24 Der Platz füllt sich. Die Veranstalter treffen ein.
9:50 Heureka! Wir fahren! Aber nur bis…
10:05 Zwischenstopp für ein Frühstück „al sacco“
(mitgebracht, in dem Fall Croissants, oder Brioches, wie man hier sagt) und um
ein paar Leute von der Luiss (Privatuni in Rom) einzusammeln, die sich unserem
lustigen Grüppchen anschließen wollen.
10:20 ENDLICH los Richtung Toscana! Aufregung!
Im Bus letztendlich geht es etwas ruhiger zu, als erwartet. Zwar
tun Elisabetta und die anderen Organisatoren ihr Möglichstes um mit Partymusik
und Kennenlern-Sing-Spielchen die Stimmung anzukurbeln, aber die frühe Stunde
hat doch am Elan der Mitreisenden gezerrt.
Wach werden wir erst wieder so richtig in Pienza, eine
wunderhübsches kleines Dörfchen in der Nähe von Siena, das aussieht, wie ein
Direktimport aus dem Mittelalter und komplett als UNESCO Weltkulturerbe
eingetragen ist. Nach vielen „Oooh“s und „Aaah“s und kalter Pizza zum Mittag ging’s
dann weiter nach Siena wo wir zuerst ins Hotel fuhren, um unsere Koffer
abzuladen und dann gegen späten Nachmittag pünktlich zum Sonnenuntergang im
Zentrum ankamen. Wahnsinn!
Der Plan für den Nachmittag war schnell erklärt:
Stadtführung durchs Zentrum, Zeit für n Eischen (für Eis ist immer Zeit.), zurück
ins Hotel und fertig machen für den Abend.
Der nächste Tag war das, worauf sich wohl die meiste
Aufregung der Mitreisenden konzentrierte: der Tagesausflug nach Florenz. Auch
hier war der Plan nachdem am Abend zuvor einige noch aus waren so optimistisch
gesteckt wie ein Putzplan in einer Jungs-WG.
10:00 Geplante Abfahrt. Niedlich.
10:12 Die ersten verkaterten Gesichter zeigen sich im Foyer
10:38 So gut wie vollzählig. Aber da fehlt doch noch was…
10:42 Aaahja, der Bus trifft ein (auch der Busfahrer weiß,
dass er sich überhaupt nicht beeilen muss, pünktlich zu sein, und trinkt
klugerweise lieber noch gemütlich einen Kaffee)
10:45 Abfahrt nach Florenz. Erfolg, nur 45 Minuten nach
Zeitplan!
Mit leicht mitgenommener aber sonst weiter ungetrübter
Vorfreude geht es auf die Fahrt nach Florenz und man kann sagen, uns wurde nicht
zu viel versprochen. Den ersten Stopp machen wir auf der Piazza Leonardo Da
Vinci, von der aus man einen derart sagenhaften Ausblick über die Stadt hat,
dass man gar nicht glauben will, dass es im Zentrum selbst noch besser wird.
Nach
23747093476 Fotos und 27162387 Gruppenfotos werden wir zurück in den Bus gescheucht,
denn es gilt ja, den Zeitplan wieder aufzuholen. Da uns das Wetter an diesem
Samstag so hold ist wie wir es uns nur wünschen können, werden beim nächsten
Stopp im Centro Storico die ersten Jacken schon im Bus gelassen und zusammen
mit der Stadtführerin machen wir uns auf, die Stadt ein bisschen kennen zu
lernen. Was die Sehenswürdigkeiten angeht, besticht Florenz besonders mit
seinem wunderschönen marmornen Dom und mit dem insgesamt
historisch-mittelalterlich anmutenden Stadtbild. Für die Mädels waren besonders
die Geschäfte reizvoll, denn wenn Rom eines nicht ist, dann eine Shoppingstadt,
und am Fluss Arno gelegen bieten auch die verschiedenen Brücken, besonders aber
die Ponte Vecchio (zu dt. alte Brücke) einen tollen Ausblick vom Flussufer.
Gegen späten Nachmittag ging es dann für alle, frisch
verliebt in dieses Stück Mittelaltergeschichte von Stadt, zurück nach Siena zum
Abendessen und Frischmachen, um im Anschluss einen gemeinsamen Abend im Zentrum
von Siena zu verbringen. Alles was sich dazu sagen lässt, ist: die Piazza del
Campo ist bei Nacht noch schöner als am Tage, Österreicher vertragen keinen
Rotwein und Taxen in Siena sind verlässlicher als angenommen!
Der dritte und letzte Tag des Wochenendes sollte ganz Pisa
und der Rückfahrt gewidmet sein. Nadine und ich hatten, als fleißige Bienchen, die
wir sind, unsere Koffer schon am Abend vorher gepackt, und konnten daher
amüsiert die Zombieparade betrachten, die sich zuerst zum Frühstück, dann zum
Bus quälte und die Spuren vom Wochenende nur schwer zu verstecken wusste. Da
fand es niemand schlimm, dass Pisa nicht unbedingt als Weltstadt oder Metropole
bezeichnet werden kann und es außer der Piazza die Miracoli (Platz der Wunder)
nicht besonders viel anzusehen gibt. Auch hat uns das Wetter wieder einmal
zugespielt, sodass sich träge von einer Kirche zur andern und schließlich zum
berühmt berüchtigten schiefen Turm geschleppt wurde (Fun Fact: in Wirklichkeit
hat der Turm eine Bananenform gen Himmel, um der Stabilität zuzuwirken),
während eine enthusiastische Stadtführerin ihr sämtliches Pisawissen zuerst auf
Italienisch und dann noch einmal auf Englisch zum Besten gab.
Wie zu erwarten verlief auch die Rückfahrt klassenfahrtverhältnismäßig
ruhig, was wohl besonders den Busfahrer gefreut haben dürfte, und nur von einer
Pipi-Pause unterbrochen ging es zügig zurück in die vorübergehende Heimat.
Retrospektiv kann ich nur sagen, dass ich wirklich froh und
dankbar bin, dass es Organisationen wie das Erasmus Student Network (kurz ESN)
gibt, die solche Fahrten für vergleichsweise kleines Geld anbieten und damit Austauschstudenten
die Möglichkeit geben, neben der sowieso schon wahnsinnigen Erfahrung eines
Auslandssemesters in einer fremden Stadt auch noch andere wichtige, schöne,
interessante und faszinierende Teile des Landes zu sehen, und dass ich jedem,
der ein Erasmussemester oder –jahr in Erwägung zieht nur wärmstens empfehlen
kann, an solchen Trips teilzunehmen, weil es kaum eine bessere Möglichkeit
gibt, gleichzeitig so viele Städte und liebe Menschen kennen zu lernen!
Zum Abschluss bleibt nur noch die Frage: Wie viel Zeit kann
man eigentlich mit Warten verbringen, bevor man irre wird?
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